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1. Aus der Heimat - S. 223

1910 - Nürnberg : Korn
— 223 — und fuhr im Schlitten durch die Winterlandschaft; links stand der Zellerwald dunkel da und die Mörderbrücke. Spät in der Nacht traf er in Tölz ein und legte sich ein wenig nieder, um von dem nächtlichen Ritt auszuruhen. Hier blieb er bis gegen Mittag und schickte einen Eilboten an Senser nach München: „Die Befreier sind im Anmarsch!" Nachmittags ritt er über Königsdorf den Bauern nach, die er spät in der Nacht in Schäftlarn einholte. Fahne um Fahne rückten die oberländischen Landwehren in Schäftlarn ein, Benediktbeurer, Tölzer und Aiblinger. Jörg, der Pfeifer von Vagen, blies den Valleyern mit der Schwegelpfeife voran und die Gotzinger Heerpauke schlug den Takt dazu. Die eigentliche heilige Schar aber waren die 500 Jsarwinkler mit der Spielhahnfeder und dem Gemsbart auf dem Hut. Fünf Gerichte waren noch ausständig. Allein schon waren in Ebenhausen und Oberschäftlarn alle Häuser und Scheunen voll. Die Anführer hatten sich im Kloster einquartiert. Am nächsten Tage wurden die Leute bei dem Kloster in die Reihe gestellt; auf freiem Felde vor dem Kloster wurde Musterung gehalten. Gemeindenweise stellten sich Bürger und Bauern in Reih und Glied, und bei der Abzählung waren es 2769 Mann. Freilich waren noch viele zurück und kamen erst, aber es waren doch weniger, als man erwartet hatte. Nur die 500 Tölzer Schützen, lauter junge Burschen, hatten ordentliche Stutzen. Der Schützenkönig Jäger Adam war ihr Hauptmann. Auch von der Tölzer Bürgerschaft waren 200 da, meistens beritten. Im ganzen waren es 300 Reiter. Sechs Kanonen mit den nötigen Pulverwagen fuhren daher, und die Isar herab schwamm ein Floß mit Fässern voll Pulver. Aber die Bauern hatten meistens nur Spieße und Sensen, Dreschflegel, Streitkolben und Morgensterne. Nur der dritte Teil hatte ordentliche Waffen, manche bloß ihren Stecken in der Hand, als wenn sie zu Markte gingen. Wie der Müller Höger unterm Reutberg den großen Banern-haufen fah, rief er: „Wo so viele sind, da kann's nit gefehlt sein!" Manche hatten aber doch Angst und wollten sich wieder aus dem Staub machen. Darum wurden 200 Schützen vor die Brücke gestellt, daß keiner durchgehe. Sie trugen die Balken und Riegel der Brücke ab; vor allen Türen und um das Kloster herum hielten Wachen zu Fuß und Roß, damit keiner ausreißen könne. Wie nun alles Volk versammelt und gemustert und an jeden Mann Brot für zwei Tage verteilt war, da verlangten die Bürger und Bauern einen obersten Hauptmann, zu dem sie Vertrauen haben.

2. Aus der Heimat - S. 225

1910 - Nürnberg : Korn
— 225 — nommen haben, können wir beim Bräuhause in die Stadt kommen." Und er zeigte ihm einen Schlüssel, der sperrte außen den Wall auf. Aber Mayer wollte ihn nicht nehmen und fragte: „Was schreiben die Unterländer? Sind keine Briefe von ihnen da?" — „Ja, es ist ein -Zettel von Anzing gekommen," antworteten die anderen Anführer: „sie können nicht eintreffen, weil Wendt mit seinen Soldaten dort steht." — Und der Jäger Adam zeigte ihm einen anderen Zettel, den hatte ein reitender Bote aus der Stadt mitgebracht. Darin stand, sie sollten nicht einrücken, sie seien zu schwach. Der Verräter. In Starnberg war der Pfleger Öttlinger, der hatte oft über den Kurfürsten gespottet. „Ihr Narren," sagte er zu den Bauern, „wa^ vertröstet ihr euch auf den Kurfürsten? Seiner Lebtag kommt kein Bein mehr von ihm ins Stxrtd!" — Trotzdem schickte er nun seine Amtsleute von Haus zu Haus und ließ seinen Bauern sagen, sie müßten kommen nach Starnberg, wenn sie nicht Haus und Hof verlieren wollten. Und als sie kamen, da sagte er zu den Bauern: „Ihr könnt mit dem Haufen gehen! Ich befehle es keinem und verwehre es keinem!" Und er führte sie nach Schäftlarn zur Musterung, 200 frische Burschen. Wie er nun dort war, da spionierte er herum, wie viele Bauern es seien, wer ihr Kommandant sei und was sie im Sinne hätten. Und er kam mit den anderen Pflegern ins Zimmer und horchte zu und erfuhr alle Bürger von München und alle Hauptleute, die dabei waren. Nun hatte sich aber ein österreichischer Trommler als Spion bis Bayerbrunn herausgewagt; da wurde er eingefangen. Den Tambour setzte nun Öttlinger hinter sich aufs Pferd und ritt davon, München zu. Als er in der Nacht in Forstenried zum Wirtshause kam, trug der Wirt ein Licht heraus. Schnell löschte Öttlinger es mit dem Hute aus, damit niemand dem Trommler ins Gesicht sehe, Dann ritt er weiter in die Stadt zur Herzog Maxburg, wo der Graf Löwenstein wohnte, und verriet ihm alles. Der Stadthalter schickte einen reitenden Boten zu Wendt, daß er mit seinen Husaren sogleich nach München komme. Kriechbaum solle bei Anzing stehen bleiben, aber sogleich nachrücken, wenn er den ersten Kanonenschuß von München höre. Die Christmette in der Stadt ließ er abstellen, damit es keinen Auflauf gebe. Der Scheiblhüber. Aus der Heimat. 15

3. Aus der Heimat - S. 232

1910 - Nürnberg : Korn
— 232 — er wollte dem Obersten Hofsmann, der bei den Bauern kommandierte, rechte Kundschaft bringen. Darauf ließ der General Kriechbaum seine Soldaten weitermarschieren. Bei dem Schlosse Haidenburg kamen die Vortruppen, die er vorausgeschickt hatte, zurück und meldeten, die Bauern stehen in vollen Haufen teils in Aidenbach, teils rings um diesen Ort. Nun wartete Kriechbaum in Haidenburg mit seinen Reitern solange, bis die Infanterie mit den Kanonen und Munitionswagen nachgekommen war. Dann stellte er seine Soldaten in Schlachtordnung auf und marschierte so eine Stunde weit fort bis gegen Aidenbach. Der Gerichtsschreiber Wallner von Pfarrkirchen, der das Bauernlager genau ausgekundschaftet hatte, führte die Österreicher auf dem nächsten und kürzesten Wege. In Aidenbach mußten die Kaiserlichen über einen tiefen Bach und wurden dadurch länger aufgehalten. Als die Bauern dies sahen, stellten sie sich in einem Felde auf, das hoch über dem Markt war. Dahinter war der Wald. Ein Teil der Kaiserlichen marschierte durch den Markt Aidenbach, ein Teil neben demselben über die gefrorenen Schneefelder. Es war ein beschwerlicher Marsch, doch blieben dabei Fußvolk und Reiter geschlossen beisammen, so gut es ging. So kamen sie den Bauern auf ungefähr 200 Schritte nahe. Es waren, wie die Kundschafter sagten, bei 7000 Bauern, und sie standen sehr vorteilhaft. Allein noch ehe die Österreicher die Höhe ganz erstiegen hatten, gingen die Bauern, ohne einen Schuß zu verlieren, in den Wald zurück, der hinter ihnen war. Ihre Kommandanten und Offiziere ritten mit der wenigen Reiterei davon und ließen die Bauern im Stich. Die Österreicher umringten sogleich die Bauern und suchten sie auf in den Feldern und Wäldern. Nur wenige kamen davon. Manche liefen in die Bauernhäuser, welche in der Nähe des Feldes standen, und schossen mit ihren Gewehren heraus auf die Kaiserlichen. Diese steckten alle Häuser in Brand.. Wer darinnen blieb, verbrannte; wer herauskam und davon laufen wollte, wurde niedergeschossen. Das dauerte von 1/212 Uhr mittags bis gegen 4 Uhr abends, und diese Niederlage der Bauern war weit großer als die am Christtag zu Sendling. Die wenigsten kamen davon. Es läßt sich nichts genaues sagen, aber man kann es wohl glauben, es fehlten von 4000 Toten nur wenige Hundert. Denn die größte Niederlage war in den Wäldern; man konnte nicht wissen, wie viele dort zerstreut lagen. Die Felder und Wiesen um den Markt aber waren fast eine ganze Stunde weit haufenweise mit Toten überstreut. Bei diesem

4. Aus der Heimat - S. 235

1910 - Nürnberg : Korn
— 235 — Halsband wie eine Kette von Perlen. Den Braunroten, üppigen Haarschopf hatte sie sauber gekämmt und ihr schönstes Kleid angezogen wie zur Hochzeit. Aber das hübsche Gesichts nur mit etlichen Sommersprossen auf der zarten, schneeweißen Haut betupft, war totenblaß. Ohne eine Miene zu verziehen oder ei«. Glied zu be-wegenh^ie -erstarrt, stand sie nun schon lange da§ Äe Augen hatte sie halb geschlossen wie eine Tote. Nur wenn ein freches Schimpfwort aus dem Hausen kam, ging ein Zittern durch ihren schlanken Körper, und wenn ein Stein oder ein fauler Apfel an das Eisengitter des Prangers klatschte, daß ihr der schmutzige Saft ins Gesicht spritzte, dann schoß ein wütender Blitz zwischen dem schmalen Schlitz der braunen Augen hervor. Als aber nun eine ganze Ladung Straßenkot aus der Hand eines Gassenjungen ihre schwer atmende Brust traf, da riß sie wütend ant Halsring, daß ihr Gesicht blutrot wurde. Und wie nun gar der Junge ganz nahe an das Gitter trat und fein Gesicht mit den frechen Augen zwischen die Stäbe zwängte und ihr das Wort „Diebin!" ins Gesicht schleuderte, da spuckte sie ihm vor Wut mitten ins grinsende Antlitz. Und als die ganze Schar in hellem Jubel lachte und klatschte und strampelte, da streckte sie blitzschnell ihren Peinigern die Zunge entgegen, worauf die beiden Stadtknechte endlich den Haufen ein wenig zurücktrieben und Ruhe stifteten. Jetzt kam aber auch für sie die Stunde der Erlösung. Der Gehilfe des Scharfrichters öffnete den Pranger und legte ihr, die noch immer die Hänbe auf dem Rücken gebuuben hatte, um den Weißen Hals einen schmierigen Leberriemen, woran üorne ein schwerer Stein aus die Brust herabhing. Der Stein war schwarz vom Alter und der Riemen schmierig von den vielen Hälsen, die unter ihm geschwitzt hatten vor Angst und Schaube. „Platz! Macht Platz! Platz ba!" schrie jetzt ein Schütz, nahm das Gewehr über die Schulter und schritt dem Zug voran; der Gehilse des Scharfrichters ging hinter-brein und trommelte, und zwischen den beiben Stabtknechten schritt Margareta mit dem Lastersteine. Noch immer blaß, den Kops wie gesenkt von der schweren Last, die Augen halb geschlossen, die Lippen zusammengepreßt und die Hänbe in zwei geballten Fäusten aus dem Rücken, ging sie die Straße vom Rathaus hinab zur Frauenkirche. Noch nie war ihr der kurze Weg so weit vorgekommen, noch nie ihre Füße so schwer gewesen. Sie umschritt den Marktplatz und ging die Buben der Marktweiber entlang; in ihren Ohren brauste es, daß sie kein Wort von dem hörte, was die Weiber über sie rebeten.

5. Aus der Heimat - S. 237

1910 - Nürnberg : Korn
— 237 — war und nur ein paar alte verrostete Pfannen hatte. Und wie er in die (Stube kam, sah es dort leer und trübselig aus und die Fliegen am trüben Fenster waren die einzigen Gäste, die Lärm machten. Hinter dem großen Kachelofen kam der Wirt hervor, der sah ihn so ferner an wie das Bier, das er balb barauf brachte und in dem man keinen Frosch hätte sitzen sehen. Wie nun der frembe Hanbwerksbursch das Glas erst prüfenb gegen das Licht hielt und die trübe Flüssigkeit hin- und herschwenkte, auch nach dem ersten Trunk ein saures Gesicht machte und die Augen schloß, um den Teufel zu verschlucken, ohne ihn erst lange zu begucken, ba setzte sich der Wirt zu ihm und fragte ihn, ob er schon weit herkomme und ob er noch weit fort wolle. Und er dürfe sich nicht lange aufhalten, denn um neun Uhr würden die Tore geschloffen. „Ist keine Gefahr," sagte der Fremde, „wenn Ihr nichts Besseres habt als die Medizin da." — „Der Sprache nach seid Ihr ein Münchener," sagte der Wirt und Bierbrauer. — „Fa, von dort bin ich," antwortete der Handwerksbursch, „und dem Bier nach seid Ihr kein Landsmann von mir. Mit dem Essig da könntet Ihr dort nicht viel Aufhebens machen; der bringt selbst den Tod um. Wie ich in München das erste Jahr Bräubursche war, kommen eines Tages vier Mann ins Bräuhaus, alle mit hirschledernen Hosen. „Die Bierkieser!" sagte der Braumeister leise zu mir; „Bursch, geh voran und führ sie in den Keller!" Ich ging voran mit dem Licht, nahm mit der anberen Hand vier große steinerne Krüge mit, und die Vier schritten hinterbrein die steinerne Treppe hinab. „Von dem ba!", sagte der, welcher die röteste Nase hatte, und zeigte aufs Faß, von dem sie haben wollten. Da füllte ich die Krüge. Wie wir broben waren, sagte der Bräumeister: „Stell ihnen die Bank hin!" Die stellte ich ihnen auf den gepflasterten Boben, und einer von ihnen goß ein paar Krüge voll Bier über die Bank, daß sie gut naß war. Auf biefe Unterlage setzten sie sich, stellten eine Sanbuhr vor sich hin und fingen an zu zechen. Jeber hatte seine rote Nase und sein Bäuchlein und sie tranken ganz ruhig, ohne viel zu reden, und schauten hie und da auf die Uhr, wo der Sand langsam Körnlein für Körnlein vom oberen Trichter ablief in den unteren. Und der Braumeister stand bei ihnen und tat nicht katzenfreundlich und auch nicht grob, sondern ganz wie der Mann, der seiner Sache gewiß ist und ein gutes Gewissen hat, und reichte mir den Krug zum Nachfüllen, fobalb einer leer war. „Auf!" schrie plötzlich der, welcher die röteste Nase hatte. Im Augenblick sprangen alle Vier zugleich auf und die

6. Aus der Heimat - S. 239

1910 - Nürnberg : Korn
— 239 — und um ihn saßen die Schöffen in der Reihe. Hatten sie aber einen zum Tode verurteilt und der Zentgraf über ihn den Stab gebrochen, dann warteten sie nicht länger und hingen ihn auf der Stelle. Nun sah aber der Zentgraf, wie der Galgen alt war und ganz verfault. Denn schon vor 29 Jahren hatten ihn die Scheinfelder Maurer und Zimmerleute aufgerichtet, und der vorigsjährige Sturmwind hatte ihn niedergerissen. Darüber freuten sich alle Diebe, Räuber, Mörder und Brandstifter. Aber der Herr Zentgraf dachte, daß trotz der teueren Zeit ein neues Halsgericht gebaut werden müsse. So ließ er durch die Stadtknechte in der ganzen Bürgerschaft ansagen, daß der Donnerstag bestimmt sei zur Aufrichtung des neuen Galgens. Jeder solle dazu kommen mit seinem besten Gewehr. Der älteste Zimmergeselle, Hans Randäschel, hatte schon beim alten Galgen mitgeholfen. Er lud alle Zimmerleute ein von der Zunft, Meister, Gesellen und Lehrjungen, 24 im Ganzen, sie sollten zusammenkommen schon am Tage vorher in ihrer Herberge im Schwanenwirtshaus. Die Bauern zu Grappertshoseu aber säuberten unterdessen von allem Gebüsch den neuen Platz, den der Zentgraf ausgesucht hatte. Als nun der Donnerstag anbrach, trommelten die Tamboure durch die Straßen und riefen die ganze Bürgerschaft zusammen. Um sechs Uhr standen schon alle da, und der Wagen von Tierberg hielt vor dem Rathause; da lud man die Hauen, Pickeln und Schaufeln, Laternen, Seile und Stangen ans, die man zur Arbeit brauchte. Der Stadtleutnant stellte die Bürgerschaft auf in der Ordnung. Und der Zentgraf verteilte an alle Zimmerleute und Musikanten und an den Fähnrich blaue Livreebänder; dann zog er ein Papier aus der Tasche und las allen laut vor, wie der Fürstbischof geschrieben habe, es müsse ein neuer Galgen gebaut werden. „Vorwärts, marsch!" rief der Stadtleutnant Müller. Die Trommler trommelten, die Feldpfeifer pfiffen und der Zug marschierte ab. Allen voran ging ganz allein der Zentgraf mit Stock und Degen. Hinter ihm schritten die Schöffen in ihren Mänteln. Und dann kam das ganze Zimmerhandwerk, zwölf Paare, mit den Äxten über der Schulter. Zuletzt marschierte der Hauptmann mit der Bürgerschaft; in der Mitte des Haufens ging der Herr Stadttürmer, der Fähnrich; der trug das Fähnlein und ließ es im Winde flattern. So marschierten sie hinaus und durch das Schloß Schwarzenberg in den Herrschaftswald. Dort hinterm Schloß beim Wolfssee warteten schon die sechs bespannten Wagen zum Holzführen, einer von Grappertshofen, zwei von Hohl-

7. Aus der Heimat - S. 240

1910 - Nürnberg : Korn
— 240 — Weiler, einer von Unterleimbach, einer von Ruppertsweiler und einer von Kronhöchstaüt. Hier im Walde hatten sie am vorigen Tage die sechs Eichen ausgesucht. Und nun zeigte der Zentgraf mit seinem Stocke auf eine Eiche nach der andern und fragte bei jeder die geschworenen Meister: „Ob gegenwärtige Eiche zum Halsgericht unseres gnädigsten Fürsten und Herrn tauglich sei?" Und als sie ja dazu sagten, da tat er mit der Axt drei Hiebe in jede Eiche. Dann hieben die Zimmerleute die Bäume vollends um, die Bauern luden jede Eiche auf einen Wagen und fuhren sie auf den Platz. Aber keiner hatte große Lust zu dem unsauberen Geschäft, und die Zimmerleute wollten ihr Handwerk nicht unehrlich machen durch solche Arbeit wie das Geschäft der Schinder und Henker. Darum stellten sich die Zimmerleute im Kreise um den Wagen, und der Zentgraf rief den Fähnrich hinein in die Mitte, damit er das Fähnlein über allen schwinge. Nun erst luden sie die Stämme ab und behieben sie mit der Axt zu Balken. Und der Zentgraf zeigte die Stellen, wo die Löcher gegraben werden sollten, und tat gleich ein paar Schaufelstiche und gab die Schaufel einem Schöffen weiter. So wanderte sie von Hand zu Hand. Und sie arbeiteten den ganzen Tag, und während der Arbeit kam der Rösleinswirt mit dem Wagen und brachte den Zimmerleuten Wein und Speisen. Für die Bürgerschaft wurde das Bier von der hochfürstlichen Burgvogtei herbeigeführt und die gesamten Bäcker von Scheinfeld gaben das weiße Brot dazu. So richteten sie den Galgen auf, hefteten oben die drei Säulen und die drei Querhölzer zusammen mit drei starken eisernen Klammern und machten den Galgen dreischläferig. Und wie sie am Abend fertig waren, da stellten sich die Zimmerleute wieder im Kreise auf, der Zentgraf dankte ihnen für die Arbeit und gab jedem die herkömmliche Münze zum Lohn. Und nun befahl er, daß der Fähnrich nochmal das Fähnlein über alle schwinge, über ihn und die ganze Bürgerschaft, damit sie wieder zusammen ehrlich würden und keiner dem andern etwas vorwerfen könne. Dann schoß die Bürgerschaft die Gewehre ab in einer Salve und alle marschierten in guter Ordnung vom Platze geradewegs heim aufs Städt-lein. Vor dem Rathause dankte der Zentgraf nochmal einem jeden, und dann gingen die Bürger nach Hause. Die Zimmerleute aber gingen mit den Spielleuten zu ihrer Herberge im Schwan und tanzten dort und waren lustig.

8. Aus der Heimat - S. 241

1910 - Nürnberg : Korn
— 241 — Die Hirschjagd im Starnbergersee. Still lag der See in der Sonne. Der Hirsch trat ans dem Walde, ging ein paar Schritte vorwärts, blieb stehen und schaute nach allen Seiten herum. Kein Mensch ist da. Ein paar Wildenten schwimmen auf dem See. Das Wasser ist so rein und durchsichtig, daß man unten den weißen Sand sieht, der so weiß ist wie Schnee. Der Hirsch tritt mit den Vorderfüßen ins Wasser, das hier ganz seicht ist, und trinkt. Dann richtet er den Kops hoch auf und horcht. Was wollen die da drüben? — Bauern kommen aus dem Wald mit langen, dicken Knütteln und mit Trompeten. Jäger sind das nicht. Der Hirsch geht an den Waldrand, frißt vom Grase, das da wächst, und wendet von Zeit zu Zeit den Kopf und blickt hinüber. Da kam der herrschaftliche Jäger mit dem grünen Hut. „Gegen zwei Uhr wird der Kurfürst kommen mit dem Schiff," sagte der Förster und blickte über den See. „Dort ist es ja schon!" In weiter Ferne sah man ein Schiff mit zwei Segeln; eine Menge kleinerer Schiffe fuhren neben demselben her. „Der Kurfürst wird eben jetzt mit den Herren und Hofdamen im Saal speisen. Sie werden bald da sein. — Dort ist auch schon der Hirsch!" — Der fraß da drüben ruhig weiter und dachte nicht daran, daß heute sein letzter Tag fei. — „Wenn das Schiff herankommt, wird ein Kanonenschuß das Zeichen geben. Den Hirsch kennt Ihr. Wir machen einen Kreis um ihn und treiben ihn an den See. Dort drüben, wo der Wald eine Sichtung hat, muß er heraus ins Wasser." — Es war aber noch Zeit. Das kurfürstliche Schiff segelte in weiter Ferne heran. Die Bauern legten sich ins Gras und aßen das Stück Schwarzbrot, das sie mitgebracht hatten, während die Jäger ihre Pfeifen anzündeten. Der Hirsch war fort. Das Schiss kam näher. Man sah es nun in seiner ganzen Größe und Schönheit. Italiener hatten es gebaut, ganz nach italienischem Muster für die Kurfürstin Adelheid, die selber eine Italienerin war. Sie stand im oaal des Schisses am Fenster bei dem Kurfürsten Ferdinand und schaute hinaus aufs Wasser und redete italienisch mit ihrem Gemahl. 68 Ruderstangen ragten unten aus dem Bauch des Schiffes, 68 Mann ruderten. Und über den Ruderstangen waren eine Reihe runder Öffnungen, da blitzten Kanonenrohre hervor. Hinten saß auf dem Verdeck oben der Steuermann und lenkte das große Steuerruder. Vierundzwanzig Musikanten saßen auf dem Verdeck und bliesen, und der Wind spielte mit den blauweißen Fahnen am Mast, Scheiblhuber. Aus der Heimat. 16

9. Aus der Heimat - S. 242

1910 - Nürnberg : Korn
— 242 — schaukelte sich auf der Strickleiter und trug die Musik über den See. Und das Schiff spiegelte sich im See in seiner ganzen Schönheit, und das reine Wasser schimmerte blau und rot und golden von seinen Farben. Um das große Schiff fuhren eine Menge kleinerer Schiffe, blau und grün, rot und gelb, und in den Schiffen faßen Herren und Damen, die lachten und schauten über den See und redeten italienisch und französisch. Da kracht dumpf ein Kanonenschuß; der Hall fliegt über den See, prallt ab am Ufer und kehrt mit Donner wieder zurück. Die Bauern fahren empor aus ihrem Mittagsschläfchen und schreien: „Das Schiff! Das Schiff! Der Bueeutoro! Hurra! Es geht los!" — Viele Hunderte von Treibern bilden einen Kreis, einen großen Kreis im Walde, und der Hirsch ist mitten im Kreise und weiß es nicht. „Hussa!"! schreien die Bauern und schlagen mit den Prügeln an die Baumstämme und blasen die Trompeten und marschieren vorwärts. Blass! blaff! bellen die Hunde und durchsuchen das Dickicht und laufen vorwärts. Hasen, Rehe, kleine Hirsche werden aufgestöbert und fliehen durchs Dickicht, daß die Äste krachen. Der Hirsch, der große Prachthirsch mit dem hohen Geweih und der langen Mähne, hebt den Kopf und horcht auf den Aufruhr um ihn. „Gilt das mir?" Sie kommen näher, immer enger wird der Kreis, ein schwarzer Dachshund bricht aus dem Gebüsch und bellt den Hirsch frech an. Trara! schmettern die Trompeten. Bum! bum! schlagen die Treiber an die Bäume. Sie sind da! Der Hirsch läuft rechts und läuft links, überall sind Treiber. Kein Ausweg mehr. Er muß hinaus an den See. Er bricht durchs dunkle Dickicht sich einen Weg ins Helle und steht vor dem See. Aber was ist das? Da drüben, gleich da drüben steht das große Schiff. Da stehen alle Schiffe in drei langen Reihen und ans der ganzen Flotte stehen Herren und Damen und schauen neugierig herüber aus den Hirsch. Und dort steht der Kurfürst und zielt zum Spaß mit dem Gewehr auf ihn.. Und der Lärm! Die Kanonen krachen, die Musik spielt, und Hunderte von Menschen in hellen hellen Kleidern stehen dort auf den Schiffen und deuten mit Fingern auf ihn und schreien: „Der Hirsch! Der Hirsch!" Er kehrt um. „Hurra! hussa! hussa! hurra!" brüllen sie und blasen und trommeln und die Treiber schließen ihn ein; immer kleiner, immer enger wird der Kreis. Das geht ums Leben. Zwanzig Mal läuft er an den See und entsetzt sich vor dem Schiff, das sich in aller Pracht im Wasser spiegelt. Zwanzig Mal kehrt er um in den Wald und

10. Aus der Heimat - S. 248

1910 - Nürnberg : Korn
— 248 — Tage lag das beste Pferd des Bauern erdrückt im Stalle, die Dirne aber war von der Stunde an gesund." — Michel klopfte seine Pfeife am Kienspanleuchter aus; dann schneuzte er den Span und fing an: „Als mein Vater noch als Knecht diente, hatte er einen Nebenknecht, der stark mit dem Alpdrücken geplagt war. Im Winter, solange gedroschen wird, legen sich die Knechte nach dem Abendessen in der Wohnstube nieder, bis die Zeit zum Pferdeabfütteru kommt. Wenn nun das auch der Nebenknecht tat und die andern die Unruhe auf dem Gesicht des Schlafenden sahen, da zweiselten sie nicht, daß die Drude ihn drücke. Da beredete sich mein Vater mit den anderen Dienstboten und sie nahmen sich vor, den armen Menschen von der Plage zu erlösen. Geweihte Rosenkränze und Drudenschriftgürtel in den Händen, warteten sie am andern Abend auf einen neuen Anfall. Kaum war der Knecht eingeschlafen, so fing er an zu stöhnen. Da banden sie schnell die Rosenkränze und geweihten Gürtel, die sie im Kloster geholt hatten, an Fenster und Türen, so daß die Drud nicht entkommen konnte. Dann riefen sie den Knecht beim Namen und weckten ihn ans. Das Drücken hörte ans, ohne daß jemand etwas Verdächtiges wahrnahm. Da fingen plötzlich die Hühner unter der Ofenbank in ihrem Käfig an ängstlich zu flattern. Und wie mein Vater hineinleuchtete, sahen sie drinnen einen Strohhalm liegen. Der mutigste Bursche ergriff deu Strohhalm, setzte ihm sein Messer an und rief: „Bist du die Drud, so laß dich sehen, oder ich schneide dich mitten auseinander!" Im Augenblick stand eine alte Nachbarin vor ihm; die bat mit Tränen um Verzeihung und sagte, sie hätte das tun müssen. Von der Stunde an war der Knecht vom Drücken befreit." — „Mir -hat einmal der alte Weber und Windmühlenmacher von Überacker erzählt," sprach die Magd, „als er noch ledig war, ging er öfter in den Stall seines Nachbarn und half dort auf dessen Bitten beim Rübenschneiden mit. Wie er nun einmal ein wenig zu früh kam und die Leute noch beim Essen saßen, ging er einstweilen in den Stall. Und weil es dort finster war, setzte er sich aus den Rübenhaufen. Wie er nun eine Weile im Dunklen da saß, hörte er deutlich ein Geräusch, als ob gemolken würde und Milch in den Kübel flösse. Ohne zu atmen hörte er eine Weile dem Melken zu. Endlich aber faßte er Mut und fragte, ob jemand im Stalle sei. Beim ersten Laut seiner Stimme hörte das Melken flnf. So sehr er auck Augen und Ohren anstrengte, konnte er nicht das Geringste
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